Zwangsenteignung
Achtung bei leer stehenden Wohnungen

Eigentümer, deren Wohnungen mindestens vier Monate ohne Sanierungsarbeiten leer stehen, können sich auf etwas gefasst machen: Zwangsenteignung ist erlaubt! Die Politik greift gegen Leerstand durch. In Hamburg wurden einem Eigentümer erstmals leer stehende Wohnungen entzogen und zwangsvermietet. In dem nachfolgenden Artikel erfahren Sie, was Eigentümer überhaupt dazu bewegt, eine Immobilie leer stehen zu lassen. Außerdem erhalten Sie wichtige Tipps für einen Wohnungsverkauf.

Was ist die Enteignung einer Immobilie?

Die Enteignung einer Immobilie ist ein rechtlicher Vorgang, bei dem das Eigentumsrecht an einer Immobilie von einer Person oder einer Organisation gegen ihren Willen auf eine öffentliche Behörde übertragen wird. Dies geschieht in der Regel im Rahmen eines gesetzlich geregelten Verfahrens und dient meist einem als öffentlich anerkannten Zweck, wie etwa dem Bau von Straßen, Schulen oder anderen öffentlichen Einrichtungen.

Enteignungen sind in Deutschland und vielen anderen Ländern nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Sie müssen im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen stehen und in der Regel eine angemessene Entschädigung für den enteigneten Eigentümer beinhalten.

Was ist die gesetzliche Grundlage einer Zwangsenteignung?

Die Zwangsenteignung wird in mehreren Gesetzen geregelt:

  • Grundgesetz, vor allem Art. 14: Artikel 14 des Grundgesetzes schützt das Eigentum und das Erbrecht. Absatz 3 dieses Artikels legt die Grundlage für eine Enteignung: Sie darf nur zum Wohle der Allgemeinheit und auf gesetzlicher Grundlage erfolgen.
  • Enteignungsgesetze der Bundesländer: Jedes Bundesland hat auch eigene Gesetze, die das Verfahren und die Bedingungen der Enteignung regeln, wie z.B. das Enteignungsgesetz NRW.
  • Baugesetzbuch BauGB: Dieses Gesetz enthält spezifische Regelungen zur Enteignung im Bereich der Stadt- und Raumplanung.

Neben dem Baugesetzbuch gibt es verschiedene Fachgesetze, die Enteignungen für spezifische Zwecke ermöglichen, wie zum Beispiel für den Bau von Straßen, Eisenbahnen oder für Energieversorgungsprojekte, wie z.B. das Wasserhaushaltsgesetz WHG.

Voraussetzung für die Enteignung eines Besitzers?

Jede Zwangsenteignung muss den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren und durch ein gerechtes Verfahren gekennzeichnet sein, in dem die Interessen der enteigneten Partei berücksichtigt werden. Die Entschädigung muss angemessen sein und ist in der Regel Teil des Enteignungsverfahrens. Es gibt mehrere Voraussetzungen die für eine Enteignung gegeben sein müssen:

Öffentliches Interesse

Die Enteignung muss einem öffentlichen Zweck dienen. Dies bedeutet, dass die Enteignung zur Erfüllung einer Aufgabe erforderlich ist, die im Interesse der Allgemeinheit liegt, wie beispielsweise der Bau von Infrastruktur (Straßen, Schulen, Krankenhäuser), Maßnahmen zum Umweltschutz oder Stadtentwicklungsprojekte.

Zwangsenteignung Bild

Wenn die Enteignung auf Grundlage des Gesetzes erfolgt

Die Enteignung muss auf der Grundlage eines bestehenden Gesetzes erfolgen. Dieses Gesetz definiert die Bedingungen und das Verfahren der Enteignung. In Deutschland ist dies häufig das Baugesetzbuch (BauGB) oder spezielle Fachgesetze für bestimmte Zwecke.

Wenn eine Verhältnismäßigkeit vorliegt

Die Enteignung muss verhältnismäßig sein. Das heißt, sie darf nur als letztes Mittel eingesetzt werden, wenn keine andere Lösung möglich ist, und der Eingriff in das Eigentumsrecht muss angemessen sein.

Eine angemessene Entschädigung vorliegt

Der enteignete Immobilieneigentümer hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung. Die Höhe der Entschädigung wird in der Regel auf der Grundlage des Marktwertes des enteigneten Objekts festgelegt.

Ein ordnungsgemäßes Verfahren durchgeführt wird

Es muss ein ordnungsgemäßes rechtliches Verfahren durchgeführt werden, das den betroffenen Parteien die Möglichkeit gibt, ihre Interessen und Einwände vorzubringen. Dies beinhaltet in der Regel Anhörungen und die Möglichkeit, gegen die Enteignungsentscheidung Rechtsmittel einzulegen.

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Bevor es überhaupt zu einer Zwangsenteignung kommen kann, sollten Sie sich gut überlegen, ob es nicht doch sinnvoller wäre, die Wohnung zu verkaufen. HAUSGOLD berät Sie bei einem geplanten Verkauf. Möchten Sie verkaufen, so helfen wir Ihnen bei der Wahl des richtigen Immobilienmaklers. Dieser nimmt im ersten Schritt eine kostenlose Bewertung Ihrer Immobilie vor, bevor er sich der professionellen Vermarktung und dem Verkauf annimmt.

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Zwangsenteignung bei Leerstand - ein Beispiel

Seit der Verschärfung des Hamburger Wohnraumschutzgesetzes im Jahr 2013 können langfristig ungenutzte Wohnungen über den Eigentümer hinweg durch einen vom Bezirksamt beauftragten Treuhänder saniert und zwangsvermietet werden. So ist es auch einem Eigentümer im Stadtteil Hamm ergangen. Seit 2012 sollen sechs seiner Wohnungen leer gestanden haben. Noch im selben Jahr sollten die Wohnungen saniert, vermietet und danach dem Eigentümer übergeben werden. Alle Maßnahmen selbstverständlich auf seine Kosten.

Bei der Zwangsenteignung wird eine Grundschuld zu Gunsten des Staates in die Grundbücher eingetragen. Doch ganz so einfach ist es natürlich nicht. Es kommt nicht selten vor, dass Eigentümer mehrere tausend Euro Bußgelder zahlen müssen, wenn sie der Aufforderung, die Wohnung zu vermieten, nicht nachkommen. Dauerhafter Leerstand von Wohnräumen gilt schließlich als Zweckentfremdung und wird demnach bestraft. Jedoch ist nicht gleich jede leer stehende Wohnung zweckentfremdet. Beispielsweise darf eine Wohnung kurzfristig leer stehen, wenn sie saniert wird. Sie sollte aber nach spätestens drei Monaten wieder vermietet werden.

Zwangsenteignung

Welche Gründe könnten Eigentümer für Leerstand haben?

Die Gründe, warum Eigentümer auf das Vermieten ihrer Wohnungen verzichten, sind vielschichtig. Oftmals sind es persönliche Schicksale. Beispielsweise sind die Eigentumsverhältnisse ungeklärt, weil der Eigentümer verstorben ist und die Erbengemeinschaft sich nicht einigen kann. In vielen Fällen fehlen aber auch die finanziellen Mittel für die nötigen Sanierungen, oder die Wohnungen sollen für Verwandte und Kinder freigehalten werden. Oft stehen Wohnungen auch dann leer, wenn sie in naher Zukunft ohnehin verkauft werden sollen. Denn in vielen Fällen lassen sich ohne Mieter höhere Preise erzielen.

Ob das sinnvoll ist, ist fraglich. Schließlich muss der Eigentümer die Betriebskosten weiterhin zahlen und insbesondere diejenigen, die ihre Immobilie selbst finanziert haben, können sich meist keinen langen Leerstand leisten. Grundsätzlich haben Vermieter eigentlich kein Interesse an Leerstand, da sie vor allem in den Großstädten mit hohen Mieteinnahmen rechnen können.

Wie läuft eine Zwangsenteignung ab?

Der Prozess der Enteignung ist ein langwieriger Prozess, der viele Stadien durchläuft, bevor eine Entscheidung gefällt wird.

  1. Antragstellung bei Immobilienbestizer: Bevor es zu der Verhandlung kommt, wird die zuständige Behörde dem Immobilienbesitzer ein Angebot unterbreiten. Dies wird in Form einer angemessenen Entschädigung oder eines alternativen Grundstücks erfolgen. Lehnt der Besitzer eine Einigung auf diesem Wege ab, wird ein Enteignungsverfahren bei der zuständigen Enteignungsbehörde eingereicht.
  2. Verhandlung: Beide Parteien haben die Möglichkeit, sich bei einem mündlichen Termin zu verteidigen. Ziel dieser Verhandlung ist es, dass eine Lösung gefunden wird. Ist eine Lösung gefunden, ist das Verfahren beendet. Ist dies nicht der Fall, wird der Enteignungsausschuss die Entscheidung treffen.
  3. Prüfung der Voraussetzungen: Es wird geprüft, ob alle gesetzlichen Voraussetzungen für eine Enteignung vorliegen. Dazu gehört, dass keine anderen, weniger einschneidenden Mittel zur Verfügung stehen, um das Ziel zu erreichen (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit).
  4. Enteignungsbeschluss: Liegen alle Voraussetzungen vor und sind die Einwendungen geprüft, kann die zuständige Behörde einen Enteignungsbeschluss erlassen. Dieser Beschluss muss begründet sein und wird den Betroffenen zugestellt. Gleichzeitig mit dem Enteignungsbeschluss oder kurz danach wird die Höhe der Entschädigung festgelegt. Diese soll in der Regel dem Verkehrswert des enteigneten Grundstücks entsprechen.
  5. Rechtsmittel: Gegen den Enteignungsbeschluss und die Festsetzung der Entschädigung können die Betroffenen Rechtsmittel einlegen, üblicherweise durch Einreichung einer Klage bei den Verwaltungsgerichten.
  6. Übertragung des Eigentums: Nachdem der Enteignungsbeschluss rechtskräftig geworden ist, wird das Eigentum auf den Enteignungsbegünstigten übertragen, meist eine öffentliche Körperschaft oder ein Unternehmen, das ein Projekt im öffentlichen Interesse durchführt.
  7. Zahlung der Entschädigung: Schließlich wird die festgesetzte Entschädigung an den bisherigen Eigentümer gezahlt.

Dieser Prozess kann je nach Komplexität des Einzelfalls und den jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen variieren. Wichtig ist, dass die betroffenen Eigentümer während des gesamten Verfahrens rechtlich geschützt sind und Möglichkeiten haben, ihre Rechte geltend zu machen.

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Was kann ein Besitzer gegen eine Enteignung tun?

Bereits im Vorfeld der Enteignung findet ein Anhörungsverfahren statt, in dem der Eigentümer seine Bedenken und Einwendungen gegen die geplante Enteignung vorbringen kann. Dies bietet die Möglichkeit, auf alternative Lösungen hinzuweisen oder die Notwendigkeit bzw. Verhältnismäßigkeit der Enteignung in Frage zu stellen.

Ist die Enteignung beschlossen, kann gegen den Enteignungsbeschluss Einspruch erhoben werden. Die Frist für die Klage steht im Enteignungsbeschluss, bzw. wird mit der Veröffentlichung angegeben.

Wurde die Frist nicht eingehalten oder dem Einspruch wurde nicht stattgegeben, kann eine Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht werden. Das Gericht prüft dann, ob die Enteignung rechtmäßig ist und alle erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Nebenbei hat der Besitzer auch noch die Möglichkeit, die Höhe der Entschädigung anzufechten.

Was ist eine “kalte Enteignung”?

Der Begriff "kalte Enteignung" bezieht sich in der Regel auf eine Situation, in der die Rechte eines Eigentümers auf indirekte Weise so stark eingeschränkt werden, dass es fast einer Enteignung gleichkommt, ohne dass jedoch ein formelles Enteignungsverfahren durchgeführt wird. Dies kann beispielsweise durch gesetzliche Regelungen oder behördliche Maßnahmen geschehen, die den Wert oder die Nutzungsmöglichkeiten einer Immobilie oder eines Grundstücks erheblich beeinträchtigen.

Typische Beispiele können sein:

  • Strenge Auflagen und Nutzungseinschränkungen: Durch planungsrechtliche Vorgaben, Umweltauflagen oder Denkmalschutzbestimmungen können Eigentümern so starke Einschränkungen auferlegt werden, dass sie ihr Eigentum nicht mehr frei nutzen oder verwerten können.
  • Erhebliche Wertminderung: Wenn durch öffentliche Maßnahmen, wie den Bau von Infrastrukturprojekten in der Nähe einer Immobilie, deren Wert deutlich gemindert wird, ohne dass eine direkte Enteignung stattfindet.
  • Entzug von Genehmigungen oder Rechten: Wenn einem Eigentümer beispielsweise die für eine wirtschaftliche Nutzung notwendigen Genehmigungen entzogen werden.

Wie sehen Entschädigungen bei einer Enteignung aus?

Die Entschädigung bei einer Enteignung ist ein wesentlicher Bestandteil des Enteignungsverfahrens. Die Höhe der Entschädigung basiert in der Regel auf dem Verkehrswert bzw. Marktwert des Grundstücks oder der Immobilie. Auch Wertsteigerungen, die seit dem Erwerb des Eigentums eingetreten sind, werden bei Festlegung der Entschädigungshöhe berücksichtigt.

Kosten für weitere wirtschaftliche Nachteile, wie Umzugskosten, Verluste von Gewinnen und Einnahmen (bei Mietshäusern) können auch entschädigt werden. Die “Auszahlung” der Entschädigung gibt es in 3 Formen:

  • Geld
  • Land
  • Gewährung anderer Rechte

Das Verfahren zur Festlegung der Entschädigungshöhe kann formell sein und Gutachter oder Schätzungen involvieren. In einigen Fällen kann es Verhandlungen zwischen dem Eigentümer und der enteignenden Behörde geben. Lassen Sie Ihre Immobilie in diesem Fall von einem Profi bewerten, um keine Verluste einzubüßen. Die Experten von HAUSGOLD helfen Ihnen dabei

Gibt es eine Rückenteignung?

Eine Rückenteignung bezieht sich auf die Rückgängigmachung einer früheren Enteignung. Dies findet in der Praxis selten statt, kann aber unter bestimmten Umständen erfolgreich durchgeführt werden:

  • Wenn das öffentliche Interesse, das zur ursprünglichen Enteignung führte, weggefallen ist oder sich geändert hat und das enteignete Grundstück oder die Immobilie nicht mehr für diesen Zweck benötigt wird.
  • Wenn die ursprüngliche Enteignung aufgrund von Verfahrensfehlern oder Rechtsverstößen für ungültig erklärt wird.
  • Wenn das Grundstück innerhalb einer Frist nicht verwendet wird.

Das Verfahren für eine Rückenteignung ist sehr komplex und schwierig und unterliegt strengen rechtlichen Voraussetzungen. Sollten Sie der Meinung sein, dass Sie Ihre Immobilie rückenteignen könnten, holen Sie sich rechtlichen Rat bei unserem Partner KLUGO.

Wichtiger Hinweis: Unsere Artikel dienen als informative Ratgeber und stellen demnach keine verbindliche Rechtsberatung dar.

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