Ertragswertverfahren
Verfahren für die Bewertung von Immobilien

Das Ertragswertverfahren ist eines der drei in Deutschland zugelassenen Verfahren zur Wertermittlung von Immobilien. Das Ertragswertverfahren bezieht sich dabei auf die möglichen Renditen von Immobilien, die mit diesen Objekten dauerhaft erzielt werden können. Es findet vor allem bei der Bewertung von Unternehmen als auch von vermieteten Immobilien Anwendung. In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit dem Ertragswertverfahren bei Immobilien.

Neben dem Sachwertverfahren gilt das Ertragswertverfahren als eines der komplexeren Methoden für die Wertermittlung. Wie und wann das Ertragswertverfahren bei Immobilien angewendet wird und welche Kosten entstehen, erfahren Sie hier.

Was ist der Ertragswert?

Der Ertragswert oder auch Verkehrswert ist ein Begriff aus der Betriebswirtschaftslehre und Immobilienwirtschaft. Er bezeichnet den Wert einer Investition oder eines Vermögensgegenstandes, der sich aus den zukünftig erwarteten Erträgen ableitet. Der Ertragswert wird oft verwendet, um den Wert von Immobilien, Unternehmen oder anderen Investitionsobjekten zu bestimmen.

Was ist das Ertragswertverfahren?

Das Ertragswertverfahren ist eine Methode zur Bewertung von Immobilien, die sich auf die zukünftig erwarteten Erträge konzentriert. Es wird insbesondere für die Bewertung von vermieteten oder verpachteten Objekten verwendet, bei denen der Wert hauptsächlich durch die erzielbaren Erträge bestimmt wird, wie beispielsweise bei Wohn- und Geschäftsgebäuden.

Wofür wird das Ertragswertverfahren verwendet

Das Ertragswertverfahren wird hauptsächlich für die Bewertung von Immobilien verwendet, bei denen die Ertragskraft, also die Fähigkeit der Immobilie, Einkünfte zu generieren, im Vordergrund steht. Es kommt vor allem in folgenden Situationen zum Einsatz:

  • Bewertung eines vermieteten Mehrfamilienhauses
  • Bewertung von vermieteten oder verpachteten Immobilien wie Geschäftsgebäude, Bürokomplexe oder Gewerbeimmobilien oder auch Pflegeimmobilien
  • Bewertung von speziellen Gebäuden wie Hotels, Tankstellen, Kaufhäuser, Parkhäuser.
  • Bewertung der Rentabilität von Immobilieninvestition

Sowohl Verkäufer als auch Käufer nutzen das Ertragswertverfahren, um eine Preisvorstellung für eine Immobilie zu entwickeln, insbesondere wenn es um Investitionsobjekte geht.

Es kann allerdings auch von Projektentwicklern und Bauträgern genutzt werden, um die Wirtschaftlichkeit von Bauvorhaben, insbesondere bei Mietobjekten, zu bewerten. Zusammengefasst dient das Ertragswertverfahren dazu, den Wert einer Immobilie auf Basis ihrer Fähigkeit, Einkünfte zu erzielen, zu bestimmen. Es wird in verschiedenen Bereichen des Immobilienwesens eingesetzt, vor allem dort, wo die Ertragsperspektive eine zentrale Rolle spielt.

Das Ertragswertverfahren ist für Vermieter interessant, weil es dem Eigentümer hilft, profitable Kaufangebote für Immobilien zu erhalten. Hier geht es weniger um persönlichen Geschmack als um wirtschaftlichen Nutzen. Beides kann natürlich miteinander einhergehen, tendenziell überwiegen jedoch wirtschaftliche Faktoren.

Rechtliche Grundlage des Ertragswertverfahren

Die rechtliche Grundlage des Ertragswertverfahrens in Deutschland ist im Baugesetzbuch (BauGB), speziell in den §§ 193 bis 199, verankert. Es ist Teil der gesetzlichen Vorschriften zur Wertermittlung von Grundstücken. Zusätzlich werden die Verfahrensweisen und Methoden im Rahmen der Immobilienbewertung durch die Wertermittlungsverordnung (ImmoWertV) § 17 bis §20 detailliert geregelt. Diese Vorschriften stellen sicher, dass die Bewertung von Immobilien auf einer einheitlichen und nachvollziehbaren Basis erfolgt.

Wie berechnet man den Ertragswert? Formel und Beispiel!

Der Ertragswert setzt sich aus dem Bodenwert und dem Gebäudeertragswert der baulichen Anlagen auf dem Grundstück. Aufgrund der Tatsache, dass Boden selten an Wert verliert, die Gebäude hingegen tendenziell schon, kalkuliert man diese beiden Werte unabhängig voneinander. Für die Berechnung dieser Faktoren sind vor allem die ortsübliche Vergleichsmiete, der Bodenrichtwert und der Liegenschaftszins maßgeblich.

Welche Grundlagen sind für die Berechnung essentiell?

Für die Berechnung beim Ertragswertverfahren sind folgende Grundlagen essentiell:

  • Rohertrag: Dies umfasst die nachhaltig erzielbaren Mieteinnahmen der Immobilie. Diese richtet sich an die ortsübliche Vergleichsmiete. Die Formel lautet: Wohnfläche x Miete je Quadratmeter x 12 Monate
  • Bewirtschaftungskosten: Hierunter fallen Kosten, die für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung eines Grundstücks oder Gebäudes anfallen, wie Abschreibungen, Instandhaltung, Mietausfallwagnis und Verwaltungskosten. Die Formel lautet: Jahresrohertrag x 0,2
  • Liegenschaftszinsen: Dieser Zinssatz dient zur Kapitalisierung der künftigen Einnahmen und Kosten und wird aus den Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse abgeleitet.
  • Vervielfältiger: Eine Rechengröße, die sich aus der Restnutzungsdauer der Immobilie und dem Liegenschaftszins mathematisch ableitet. Die Formel des Vervielfältigers lautet: (Ø V = (1+i)ⁿ-1 /(1+i)ⁿ x ((1+i) – 1)
  • Sonstige wertbeeinflussende Umstände: Hierunter fallen Faktoren wie Bauschäden, Mietbindungen oder Ähnliches, die den Ertragswert mindern oder erhöhen können.

Berechnung des Gebäudeertragswerts

Ein Schritt des Ertragswertverfahrens ist die Berechnung des Gebäudeertragswerts. Dieser wird mit folgenden Formeln berechnet:

  • Jahresrohertrag - Bewirtschaftungskosten = Jahresreinertrag
  • Reinertrag des Grundstücks - Bodenwertverzinsung (Bodenwert X Liegenschaftszins) = Gebäudereinertrag
  • Gebäudereinertrag x Vervielfältiger = Gebäudeertragswert

Berechnung des Bodenwerts

Die Berechnung des Bodenwerts im Rahmen des Ertragswertverfahrens basiert auf dem Bodenrichtwert und der Größe des Grundstücks. Der Bodenrichtwert gibt den durchschnittlichen Preis pro Quadratmeter für ein unbebautes Grundstück in einer bestimmten Lage an. Um den Bodenwert zu berechnen, wird der Bodenrichtwert mit der Fläche des Grundstücks multipliziert:

  • Bodenrichtwert x Grundstücksfläche = Bodenwert

Berechnungsbeispiel Ertragswertverfahren

Formel Wert
Grundstücksgröße 550 qm
x Bodenrichtwert pro qm 110 €
Bodenwert 60.500 €
Rohertrag 28.000€
- Bewirtschaftungskosten 4.000 €
= Reinertrag des Grundstücks 24.000 €
- Bodenwertverzinsung 3.000 €
= Gebäudereinertrag 21.000 €
x Vervielfältiger (bei Restnutzungsdauer von 25 Jahren) 14
= Gebäudeertragswert 294.000 €
+ Bodenwert 60.500 €
= Vorläufiger Ertragswert 354.500 €
- sonstige wertbeeinflussende Umstände 30.000 €
= Ertragswert (Verkehrswert) 324.500 €

Warum sind Wertgutachten sinnvoll?

Ein Wertgutachten gibt Auskunft über den Marktwert und die Beschaffenheit einer Immobilie. In Deutschland gibt es laut Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) drei zulässige Verfahren, um den Wert einer Immobilie zu ermitteln: Das Sachwert-, Vergleichswert- und Ertragswertverfahren.

Der Immobiliengutachter beschreibt bei einem Wertgutachten die Eigenschaften und eventuellen Mängel der Immobilie und berechnet daraus den Verkehrswert. Immobiliengutachter bieten oft unterschiedlich detaillierte Gutachten für verschiedene Zwecke an.

Neben den einfachen Gutachten gibt es außerdem gerichtsfeste Vollgutachten, die bei gerichtlichen Auseinandersetzungen oder im Umgang mit Behörden benötigt werden. Diese Gutachten müssen von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erstellt werden.

Aufgrund des hohen Aufwands und detaillierten Ergebnisses wird das Ertragswertverfahren häufig in Kombination mit kostenpflichtigen Wertgutachten genutzt. Kostenfreie Varianten ermöglichen auf der Grundlage von Näherungswertberechnungen (Nettomieteinnahmen, Immobilienzustand, Lage etc.) eine alternative Berechnung des Verkehrswertes.

Welche Vor- und Nachteile hat das Ertragswertverfahren?

Das Ertragswertverfahren ist ein zukunftsorientiertes Modell, das Investoren und Vermietern hilft, den wirtschaftlichen Nutzen einer Immobilie zu ermitteln. So lässt sich abschätzen, wie rentabel eine Investition werden kann.

Zu den Vorteilen des Ertragswertverfahren gehören dabei die marktnahe und praxisrelevante Berechnung. Diese ist eher unkompliziert, spiegelt den wirtschaftlichen Wert trotzdem relativ genau wider.

Die Nachteile des Ertragswertverfahrens liegen in der nicht ausreichenden Berücksichtigung von abzusehenden Änderungen der Mietpreise. Probleme können auch durch die Koppelung der Ertragswertes an den Liegenschaftszins entstehen. Nicht in allen Regionen und Gemeinden in Deutschland stehen nämlich fundierte und normierte Liegenschaftszinssätze zur Verfügung.

Vorteile Nachteile
Relevanz für vermietete Immobilie Komplexität
Marktorientierung Abhängigkeit von Schätzungen
Flexibilität Veraltete Daten

Wieviel kostet ein Ertragswertverfahren?

Wie andere Wertgutachten auch unterliegt das Ertragswertverfahren keinem festgelegten Preis. Zwischen Auftraggeber und Gutachter kann hier verhandelt werden. Da es aber eines der aufwändigeren Verfahren zur Wertermittlung ist, liegt der Preismeist bei ca. 1,5 % des Immobilienwertes oder mehr.

Das Ertragswertverfahren basiert nicht auf einem festgelegten Preis. Zwischen Auftraggeber und Gutachter kann hier verhandelt werden. Da es aber eines der aufwändigen Verfahren zur Wertermittlung ist, liegt der Preismeist bei ca. 1,5 % des Immobilienwertes oder mehr.

Um eine präzise Bewertung durchführen zu lassen, sollten Sie einen Gutachter oder Immobilienmakler engagieren. Die Immobilienmakler von HAUSGOLD erstellen Ihnen eine kostenlose Immobilienbewertung.

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Welche Unterschiede gibt es zwischen Ertragswert-, Vergleichswert- und Sachwertverfahren?

Beim Vergleichswertverfahren werden umliegende Grundstücke zum Wertvergleich herangezogen. Dieses Verfahren wird primär für unbebauten Grund verwendet, um eine preisliche Abweichung durch verschiedene Formen der Bebauung zu vermeiden. Aber auch bebaute Grundstücke können mit diesem Verfahren bewertet werden, wenn sie Ähnlichkeiten bei Bauart, Größe und Ausstattung der Bebauung aufweisen.

Das Sachwertverfahren gilt als das komplexeste Verfahren der Wertermittlung in Deutschland. Anders als bei dem Ertragswertverfahren wird beim Sachwertverfahren das Ausmaß und der Zustand der vorliegenden Bebauung und deren Sachwert ermittelt. Dieser wird aus dem Gebäude- und dem Bodenwert ermittelt. Der Gebäudewert berechnet sich hier aus den Baukosten abzüglich der bisherigen Abnutzung entsprechend der (Rest-)Nutzungsdauer.

Kriterium Ertragswertverfahren Vergleichswertverfahren Sachwertverfahren
Zweck Bewertung basierend auf zukünftigen Erträgen Bewertung basierend auf Vergleichspreisen ähnlicher Objekte Bewertung basierend auf Material- und Herstellungswert
Anwendungsbereich Vermietete Immobilien, Kapitalanlagen Standardimmobilien, Wohnimmobilien Immobilien bei denen keine Vergleichsimmobilien vorhanden sind
Basis Mieteinnahmen und Bewirtschaftungskosten Verkaufspreise vergleichbarer Immobilien Kosten für Grundstück und Bausubstanz
Besonderheiten Prognoseorientiert, abhängig von Marktentwicklungen Marktorientiert, benötigt aktuelle Vergleichsdaten Wert der Substanz ist unabhängig von Marktschwankungen

Wichtiger Hinweis: Unsere Artikel dienen als informative Ratgeber und stellen demnach keine verbindliche Rechtsberatung dar.

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