Das Ertragswertverfahren ist eines der drei in Deutschland zugelassenen Verfahren zur Wertermittlung von Immobilien. Das Ertragswertverfahren bezieht sich dabei auf die möglichen Renditen von Immobilien, die mit diesen Objekten dauerhaft erzielt werden können. Es findet vor allem bei der Bewertung von Unternehmen als auch von vermieteten Immobilien Anwendung. In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit dem Ertragswertverfahren bei Immobilien.
Neben dem Sachwertverfahren gilt das Ertragswertverfahren als eines der komplexeren Methoden für die Wertermittlung. Wie und wann das Ertragswertverfahren bei Immobilien angewendet wird und welche Kosten entstehen, erfahren Sie hier.
Das Ertragswertverfahren ist eine Methode zur Bewertung von Immobilien, die sich auf die zukünftig erwarteten Erträge konzentriert. Es wird insbesondere für die Bewertung von vermieteten oder verpachteten Objekten verwendet, bei denen der Wert hauptsächlich durch die erzielbaren Erträge bestimmt wird, wie beispielsweise bei Wohn- und Geschäftsgebäuden.
Der Ertragswert oder auch Verkehrswert ist ein Begriff aus der Betriebswirtschaftslehre und Immobilienwirtschaft. Er bezeichnet den Wert einer Investition oder eines Vermögensgegenstandes, der sich aus den zukünftig erwarteten Erträgen ableitet. Der Ertragswert wird oft verwendet, um den Wert von Immobilien, Unternehmen oder anderen Investitionsobjekten zu bestimmen.
Die Berechnung des Ertragswertes basiert auf mehreren Faktoren. Zunächst wird der jährliche Reinertrag ermittelt, indem man von den Bruttoeinnahmen die Bewirtschaftungskosten abzieht. Dieser Reinertrag wird dann mit einem Vervielfältiger multipliziert, der sich aus der erwarteten Nutzungsdauer der Immobilie und dem Liegenschaftszinssatz ergibt. Der Liegenschaftszinssatz spiegelt dabei das allgemeine Zinsniveau sowie die spezifischen Risiken und Chancen der Immobilie wider.
Das Ertragswertverfahren wird hauptsächlich zur Bewertung von Immobilien eingesetzt, bei denen die Ertragskraft, also die Möglichkeit der Immobilie, Einkünfte zu generieren, im Vordergrund steht. Es kommt vor allem in folgenden Situationen zum Einsatz:
Sowohl Verkäufer als auch Käufer nutzen das Ertragswertverfahren, um eine fundierte Preisvorstellung für eine Immobilie zu entwickeln, insbesondere wenn es um Investitionsobjekte geht.
Es kann allerdings auch von Projektentwicklern und Bauträgern genutzt werden, um die Wirtschaftlichkeit von Bauvorhaben, insbesondere bei Mietobjekten, zu bewerten. Zusammengefasst dient das Ertragswertverfahren dazu, den Wert einer Immobilie auf Basis ihrer Fähigkeit, Einkünfte zu erzielen, zu bestimmen. Es wird in verschiedenen Bereichen des Immobilienwesens eingesetzt, vor allem dort, wo die Ertragsperspektive eine zentrale Rolle spielt.
Das Ertragswertverfahren ist für Vermieter interessant, weil es dem Eigentümer hilft, profitable Kaufangebote für Immobilien zu erhalten. Hier geht es weniger um persönlichen Geschmack als um wirtschaftlichen Nutzen. Beides kann natürlich miteinander einhergehen, tendenziell überwiegen jedoch wirtschaftliche Faktoren.
Die rechtliche Grundlage des Ertragswertverfahrens in Deutschland ist im Baugesetzbuch (BauGB), speziell in den §§ 193 bis 199, verankert. Es ist Teil der gesetzlichen Vorschriften zur Wertermittlung von Grundstücken. Zusätzlich werden die Verfahrensweisen und Methoden im Rahmen der Immobilienbewertung durch die Wertermittlungsverordnung (ImmoWertV) § 17 bis §20 detailliert geregelt. Diese Vorschriften stellen sicher, dass die Bewertung von Immobilien auf einer einheitlichen und nachvollziehbaren Basis erfolgt.
Neben dem Baugesetzbuch (BauGB) und der Wertermittlungsverordnung (ImmoWertV) spielen auch die Bodenrichtwerte und die Immobilienwertermittlungsrichtlinien (ImmoWertR) eine zentrale Rolle bei der Anwendung des Ertragswertverfahrens in Deutschland. Die ImmoWertV regelt umfassend die Ermittlung und Veröffentlichung von Bodenrichtwerten, die als Grundlage für die Bodenwertbestimmung im Rahmen des Ertragswertverfahrens dienen. Die ImmoWertR bietet zusätzliche Richtlinien und Empfehlungen zur sachgerechten Bewertung, insbesondere bei besonderen Objektarten oder spezifischen Marktbedingungen.
Der Ertragswert setzt sich aus dem Bodenwert und dem Gebäudeertragswert der baulichen Anlagen auf dem Grundstück zusammen. Aufgrund der Tatsache, dass Boden selten an Wert verliert, die Gebäude hingegen tendenziell schon, kalkuliert man diese beiden Werte unabhängig voneinander. Für die Berechnung dieser Faktoren sind vor allem die ortsübliche Vergleichsmiete, der Bodenrichtwert und der Liegenschaftszins maßgeblich.
Diese Aspekte sind bei der Anwendung des Ertragswertverfahrens entscheidend:
Ein Schritt des Ertragswertverfahrens ist die Berechnung des Gebäudeertragswerts. Dieser wird mit folgenden Formeln berechnet:
Die Berechnung des Bodenwerts im Rahmen des Ertragswertverfahrens basiert auf dem Bodenrichtwert und der Größe des Grundstücks. Der Bodenrichtwert gibt den durchschnittlichen Preis pro Quadratmeter für ein unbebautes Grundstück in einer bestimmten Lage an. Um den Bodenwert zu berechnen, wird der Bodenrichtwert mit der Fläche des Grundstücks multipliziert:
Formel | Wert |
---|---|
Grundstücksgröße | 550 qm |
x Bodenrichtwert pro qm | 110 € |
Bodenwert | 60.500 € |
Rohertrag | 28.000€ |
- Bewirtschaftungskosten | 4.000 € |
= Reinertrag des Grundstücks | 24.000 € |
- Bodenwertverzinsung | 3.000 € |
= Gebäudereinertrag | 21.000 € |
x Vervielfältiger (bei Restnutzungsdauer von 25 Jahren) | 14 |
= Gebäudeertragswert | 294.000 € |
+ Bodenwert | 60.500 € |
= Vorläufiger Ertragswert | 354.500 € |
- sonstige wertbeeinflussende Umstände | 30.000 € |
= Ertragswert (Verkehrswert) | 324.500 € |
Ein Wertgutachten gibt Auskunft über den Marktwert und die Beschaffenheit einer Immobilie. In Deutschland gibt es laut Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) drei zulässige Verfahren, um den Wert einer Immobilie zu ermitteln: Das Sachwert-, Vergleichswert- und Ertragswertverfahren.
Der Immobiliengutachter beschreibt bei einem Wertgutachten die Eigenschaften und eventuellen Mängel der Immobilie und berechnet daraus den Verkehrswert. Immobiliengutachter bieten oft unterschiedlich detaillierte Gutachten für verschiedene Zwecke an.
Neben den einfachen Gutachten gibt es außerdem rechtsverbindliche Vollgutachten, die bei gerichtlichen Auseinandersetzungen oder im Umgang mit Behörden benötigt werden. Diese Gutachten müssen von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erstellt werden, um den hohen Anforderungen an Nachvollziehbarkeit und rechtlicher Verbindlichkeit zu entsprechen.
Aufgrund des hohen Aufwands und detaillierten Ergebnisses wird das Ertragswertverfahren häufig in Kombination mit kostenpflichtigen Wertgutachten genutzt. Kostenfreie Varianten ermöglichen auf der Grundlage von Näherungswertberechnungen (Nettomieteinnahmen, Immobilienzustand, Lage etc.) eine alternative Berechnung des Verkehrswertes.
Das Ertragswertverfahren ist ein zukunftsorientiertes Modell, das Investoren und Vermietern hilft, den wirtschaftlichen Nutzen einer Immobilie zu ermitteln. So lässt sich abschätzen, wie rentabel eine Investition werden kann.
Zu den Vorteilen des Ertragswertverfahren gehören dabei die marktnahe und praxisrelevante Berechnung. Diese ist eher unkompliziert, spiegelt den wirtschaftlichen Wert trotzdem relativ genau wider.
Die Nachteile des Ertragswertverfahrens liegen in der nicht ausreichenden Berücksichtigung von abzusehenden Änderungen der Mietpreise. Probleme können auch durch die Koppelung der Ertragswertes an den Liegenschaftszins entstehen. Denn nicht in allen Regionen und Gemeinden in Deutschland stehen fundierte und normierte Liegenschaftszinssätze zur Verfügung.
Vorteile | Nachteile |
---|---|
Relevanz für vermietete Immobilie | Komplexität |
Marktorientierung | Abhängigkeit von Schätzungen |
Flexibilität | Veraltete Daten |
Wie andere Wertgutachten auch unterliegt das Ertragswertverfahren keinem festgelegten Preis. Zwischen Auftraggeber und Gutachter kann hier verhandelt werden. Da es aber eines der aufwändigeren Verfahren zur Wertermittlung ist, liegt der Preis in den meisten Fällen bei ca. 1,5 % des Immobilienwertes oder mehr.
Um eine präzise Bewertung durchführen zu lassen, sollten Sie einen Gutachter oder Immobilienmakler engagieren. Die Immobilienmakler von HAUSGOLD erstellen Ihnen eine kostenlose Immobilienbewertung.
Beim Vergleichswertverfahren werden umliegende Grundstücke zum Wertvergleich herangezogen. Dieses Verfahren wird primär für unbebauten Boden verwendet, um eine preisliche Abweichung durch verschiedene Formen der Bebauung zu vermeiden. Aber auch bebaute Grundstücke können mit diesem Verfahren bewertet werden, wenn sie Ähnlichkeiten bei Bauart, Größe und Ausstattung der Bebauung aufweisen.
Das Sachwertverfahren gilt als das komplexeste Verfahren der Wertermittlung in Deutschland. Anders als bei dem Ertragswertverfahren wird beim Sachwertverfahren das Ausmaß und der Zustand der vorliegenden Bebauung und deren Sachwert ermittelt. Dieser wird aus dem Gebäude- und dem Bodenwert ermittelt. Der Gebäudewert berechnet sich hier aus den Baukosten abzüglich der bisherigen Abnutzung entsprechend der (Rest-)Nutzungsdauer.
Tabelle für die Eigenschaften der drei Wertermittlungsverfahren:
Kriterium | Ertragswertverfahren | Vergleichswertverfahren | Sachwertverfahren |
---|---|---|---|
Zweck | Bewertung basierend auf zukünftigen Erträgen | Bewertung basierend auf Vergleichspreisen ähnlicher Objekte | Bewertung basierend auf Material- und Herstellungswert |
Anwendungsbereich | Vermietete Immobilien, Kapitalanlagen | Standardimmobilien, Wohnimmobilien | Immobilien bei denen keine Vergleichsimmobilien vorhanden sind |
Basis | Mieteinnahmen und Bewirtschaftungskosten | Verkaufspreise vergleichbarer Immobilien | Kosten für Grundstück und Bausubstanz |
Besonderheiten | Prognoseorientiert, abhängig von Marktentwicklungen | Marktorientiert, benötigt aktuelle Vergleichsdaten | Wert der Substanz ist unabhängig von Marktschwankungen |
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