André Heid
André Heid
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Für einen Immobilienverkauf ist ein Wertgutachten nicht unbedingt notwendig, bei gerichtlichen Auseinandersetzungen aber zum Teil unabdingbar, weil nur ein Gutachten von einem offiziellen Immobiliengutachter vor Gericht Bestand hat. Erfahren Sie, wann ein Wertgutachten benötigt wird und was es beinhaltet.
Ein Wertgutachten ist ein dokumentierter Bericht, der von einem qualifizierten Sachverständigen oder Gutachter erstellt wird, um den Wert einer Sache oder eines Rechts zu bestimmen. Dies kann sich auf unterschiedliche Objekte beziehen, wie Immobilien, Fahrzeuge, Kunstwerke, Unternehmen oder andere Vermögenswerte.
In unserem Artikel gehen wir auf die Ermittlung des Verkehrswerts, bzw. Marktwerts der Immobilie ein. Diese, durch einen Gutachter oder Sachverständigen, durchgeführte Wertermittlung gibt somit den Verkaufspreis an, welcher zum Stichtag der Ermittlung auf dem Markt erzielt werden könnte.
Paragraf 194 des Baugesetzbuches beschreibt den Verkehrswert wie folgt: “Der Verkehrswert (Marktwert) wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.”
Das klassische Wertgutachten besteht in der Regel aus bis zu 90 Seiten, enthält ausführliche Informationen und wird im Falle von gerichtlichen Auseinandersetzungen benötigt.
Der Unterschied zu einer gewöhnlichen Immobilienbewertung liegt darin, dass es sich um ein aufwändigeres Verfahren handelt, welches bevorzugt von Gutachtern und Sachverständigen durchgeführt wird. Außerdem ist das Wertgutachten rechtskräftig und kann somit vor Gericht eingebracht werden. Diese Rechtsgültigkeit bezieht sich jedoch nur auf das Verkehrswertgutachten – auch Vollgutachten genannt.
Das Wertgutachten kann auch die Form eines Kurzgutachtens annehmen, jedoch ist dieses vor Gericht nicht gültig. Das Kurzgutachten dient mehr der Feststellung des Verkaufspreises für persönliche Zwecke. Die zwei Varianten unterscheiden sich in Aufwand, Nutzbarkeit und Kosten. Im Anschluss wird näher auf beide Gutachten eingegangen.
Ein Vollgutachten zeichnet sich durch eine intensive und exakte Berechnung des Immobilienwerts aus. Diese Berechnung wird vollständig in Form von 60 bis 90 Seiten dargelegt. Wird eine Hausbewertung etwa im Zuge einer gerichtlichen Verhandlung verlangt, kommen Immobilieneigentümer um ein Vollgutachten nicht herum. Die ausführliche Bemessung lassen sich Immobiliengutachter bezahlen, sodass das Vollgutachten die kostenintensivste Variante ist.
Wann wird ein Vollgutachten benötigt?
Generell ist mit einem Vollgutachten ein größerer Aufwand verbunden, da es ins Detail geht und dabei Rechtssicherheit garantiert. Der Aufwand ergibt sich durch die im Folgenden erwähnten Faktoren.
Der größere Aufwand des Wertgutachtens im Vergleich zum Kurzgutachten in vollumfänglicher Form ergibt sich aus mehreren Faktoren. Dazu gehören:
Ein Wertgutachten erfordert eine umfassende und detaillierte Analyse der Immobilie. Dies beinhaltet die genaue Untersuchung des Alters bzw. Zustands des Gebäudes, der technischen Ausstattung, eventueller Bauschäden oder Mängel sowie der energetischen Effizienz.
Neben der physischen Bewertung der Immobilie wird auch eine gründliche Markt- und Standortanalyse durchgeführt. Hierbei werden aktuelle Marktdaten, Vergleichsobjekte, die Infrastruktur und die Lage der Immobilie bewertet.
Ein Wertgutachten muss auch rechtliche Rahmenbedingungen wie Bebauungspläne, Denkmalschutz, Mietrecht, Nutzungsrecht, Eigentumsrecht und andere gesetzliche Vorgaben berücksichtigen.
Gutachter verwenden verschiedene Bewertungsmethoden wie das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren, um einen realistischen und marktgerechten Wert der Immobilie zu ermitteln.
Ein Wertgutachten muss detailliert dokumentiert und für Dritte nachvollziehbar sein. Das heißt, dass ein Gutachten Begründungen und Erklärungen seitens des Gutachters enthält. Dies ist besonders wichtig, wenn das Gutachten in rechtlichen Auseinandersetzungen oder bei Finanzierungsentscheidungen verwendet wird.
Bei einem Vollgutachten wird zusätzlich zur Berechnung des Verkehrswerts eine Prüfung des Altlastenverdachtskatasters und der Baulasten vorgenommen.
Das Kurzgutachten ist, wie der Name schon sagt, eine kürzere, weniger umfangreiche Version, die etwa 25 - 40 Seiten umfasst. Es beschränkt sich auf die wesentlichen Faktoren, welche Einfluss auf den Verkehrswert der Immobilie haben. Die Berechnung des Marktwerts findet durch einen zertifizierten Gutachter statt.
Da es sich bei einem Kurzgutachten lediglich um eine grobe Einschätzung handelt, hat es vor Gericht keine Verwendung. Auch bei der Kreditvergabe werden Banken in der Regel ein Vollgutachten fordern. Für Verkäufer oder Käufer in einem Immobilienverkauf-Prozess reicht ein Kurzgutachten jedoch aus. Ein Vorteil des Kurzgutachten ist, dass es weniger kostenintensiv ist. Wann reicht ein Kurzgutachten:
Die folgende Grafik bietet Ihnen einen schnellen Überblick über die Unterschiede zwischen Vollgutachten und Kurzgutachten.
Unterschied zwischen Vollgutachten und Kurzgutachten von Heid-Immobilienbewertung.de
Ein Wertgutachten gibt den aktuellen Zeitwert (Stichtag der Wertermittlung) Ihrer Immobilie an. Dieser Wert wird als Verkehrswert angegeben. Ein ausführliche Berechnung dieses Werts hat in vielerlei Hinsicht Vorteile und Nutzen. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen es verpflichtend ist, den Verkehrswert Ihrer Immobilie oder Ihres Grundstücks in Form eines Gutachtens abzugeben:
Vor allem bei gerichtlichen Auseinandersetzungen ist ein Wertgutachten als Beweismittel zu verwenden. Handelt es sich zum Beispiel um eine Scheidung, mit Eheleuten, die kein gutes Verhältnis haben, ist eine objektive Bewertung anzustreben. Durch das Hausgutachten kann die Berechnung der Vermögensverhältnisse und einhergehende Ausgleichszahlungen ermöglicht werden.
Handelt es sich um einen Immobilienverkauf, ist eine Immobilienbewertung durch einen Immobilienexperten ausreichend. Diese kennen die Marktgegebenheiten ebenfalls und können Ihnen einen realistischen Verkehrswert anhand verschiedener Methoden errechnen. Die Experten von Hausgold bieten den Service einer Immobilienbewertung kostenlos an. Außerdem stehen Sie Ihnen beim anschließenden Verkaufsprozess zur Seite.
Wird ein gerichtsfestes Gutachten (auch Vollgutachten genannt) gefordert, ist der Umfang sowie Aufwand größer und die Inhalte sind vorgeschrieben. Der Inhalt des eines Vollgutachtens umfasst:
Anlagen:
Ähnlich wie die Berufsbezeichnung Immobilienmakler ist auch Immobiliengutachter nicht an bestimmte Qualifikationen geknüpft, sondern setzt einen besonderen Sachverstand voraus. Häufig handelt es sich um Bauingenieure oder Architekten, die neben technischen Qualifikationen auch viel Berufserfahrung mitbringen.
Es gibt freie Sachverständige, die Bewertungen sowohl für Immobilienkäufe als auch für Immobilienverkäufe vornehmen. Deren Gutachten werden aber nicht von Behörden oder Gerichten anerkannt. Dann gibt es den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Dieser Begriff ist gesetzlich geschützt. Vereidigte Immobiliengutachter werden durch die Industrie- und Handelskammern geprüft und ernannt.
Ein Teil der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ist auch staatlich anerkannter Immobiliengutachter. Diese werden von den Landesbehörden beaufsichtigt und erstellen auch im Auftrag von Behörden Immobiliengutachten.
Bei der Immobilienbewertung mit dem Vergleichswertverfahren werden vergleichbare Immobilien zur Bewertung herangezogen. Dieses funktioniert sowohl für Häuser, Wohnungen als auch für Grundstücke. Je ähnlicher die verglichenen Objekte und je aktueller die Daten sind, desto genauer kann der Wert des zu verkaufenden Objektes ermittelt werden. Allerdings kommt es vor, dass sich nicht ausreichend ähnliche Objekte finden lassen, was das Vergleichswertverfahren erschwert oder gar unmöglich machen kann.
Vereinfacht dargestellt, wird bei der Immobilienbewertung mit dem Ertragswertverfahren der zukünftige finanzielle Ertrag abzüglich der notwendigen Bewirtschaftungskosten des Objektes ermittelt, um den Wert der Immobilie zu ermitteln. Je nachdem, welche Verzinsung der Käufer der Immobilie auf sein eingesetztes Kapital erwartet, kann mit dieser Methode der Preis recht präzise ermittelt werden. Die Methode eignet sich in erster Linie für vermietete Objekte.
Die Immobilienbewertung nach dem Sachwertverfahren bietet sich bei selbstgenutzten Immobilien an. Hierbei werden der Gebäude- und Grundstückswert anhand der Herstellungskosten ermittelt. Wichtig ist, dass der Gebäudewert entsprechend des Alters und der bisherigen Abnutzung gemindert wird. Für die Ermittlung des Grundstückswertes wird zumeist das Vergleichswertverfahren oder der von der Gemeinde veröffentlichte Bodenwert herangezogen.
Der Wert in einem Wertgutachten ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, die je nach Art des bewerteten Objekts variieren können:
Einflussfaktoren auf den Immobilienwert
Ein Wertgutachten kann grundsätzlich angefochten werden. Die Gründe für Zweifel an einem Wertgutachten können unterschiedlich sein.
Wenn eine Partei der Meinung ist, dass das Gutachten aufgrund solcher oder ähnlicher Mängel fehlerhaft ist, kann sie einen Widerspruch einlegen und das Gutachten von einem anderen Sachverständigen überprüfen lassen. In rechtlichen Auseinandersetzungen kann das Gutachten als Beweismittel vor Gericht gebracht und dort angefochten werden. Das Gericht kann dann entscheiden, ob ein neues Gutachten erstellt werden muss.
Es gibt keine allgemeine Frist, bis wann das Wertgutachten angefochten werden muss. Wenn das Wertgutachten Teil eines Gerichtsverfahrens ist, hängt die Frist für die Anfechtung von den Verfahrensregeln des jeweiligen Gerichts ab. In der Regel müssen Einwände gegen ein Gutachten innerhalb der vom Gericht gesetzten Fristen vorgebracht werden.
Einen festen Preis für ein Wertgutachten gibt es nicht, denn Kosten dafür sind zwischen Auftraggeber und Gutachter frei verhandelbar. Je nach Umfang und Aufwand kostet ein Immobiliengutachten einige hundert Euro bis zu 1,5 Prozent des Immobilienwertes - und auch mehr. Die Kosten für gerichtsfeste Gutachten bestimmen nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ; es können aber auch abweichende Preise vereinbart werden. Der Preis ist in der Regel abhängig von:
Im HOAI wird unter “Normalstufe” und "Schwierigkeitsstufe” unterschieden. Die Schwierigkeitsstufe ist kostenintensiver. Dies wird z.B. ausgelöst durch
Ein Vollgutachten kostet in der Regel zwischen 500 und 1,5% des Immobilienwerts. Je höher der Wert der Immobilie, desto teurer das Wertgutachten. Ein Kurzgutachten kostet ca. 500 €.
André Heid
André Heid
André Heid, Geschäftsführer der Heid Immobilien GmbH, ist zertifizierter Immobiliensachverständiger mit mehr als 30 Jahren Erfahrung. Er unterstützt sowohl Käufer als auch Verkäufer dabei, den Verkehrswert ihrer Immobilie realistisch einzuschätzen, um einen fairen Preis festzulegen. Neben seiner Spezialisierung in der Immobilienbewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken verfügt er über umfassendes Fachwissen zu sämtlichen Immobilienfragen. Er ist Experte für Beleihungswertermittlungen sowie Mieten und Pachten und für Wertermittlungen im Zusammenhang mit Vormundschaftsangelegenheiten. Außerdem ist er Sachverständiger für Bauschadensbewertungen sowie Bau- und Versicherungsschäden.